Wünschelrute und Radiästhesie
12. Februar 2011
Als Wünschelrute wird meistens ein gegabeltes Holz, besonders vom Haselstrauch
verwendet; heute werden auch sog. „tote Ruten“ gebraucht, aus Eisen oder Kunststoff.
Sie soll etwas Spannung haben, aber gleichzeitig auch spielen können, so daß
ein Ausschlag möglich ist. Der Rutengänger geht mit einer mit beiden Händen im
labilen Gleichgewicht gehaltenen Rute über eine Wiese, ein Feld, durch einen Raum
oder wo immer er etwas suchen will. An einigen Stellen schlägt die Rute aus. Dieser
Ausschlag wird als Hinweis darauf gedeutet, daß an dieser Stelle in der Erde oder
im Raum Wasseradern, Erze oder das, was er sucht oder wünscht, zu finden sei. Früher
wurde die Wünschelrute von Bergleuten und Brunnengräbern verwendet, um
optimale Stellen für die Anlage eines Brunnens oder für eine Erzgrabung herauszufinden.
Die Rute wurde auch herangezogen, um Diebe und Diebesgut, Mörder,
untreue Ehefrauen usw. zu entdecken.
Bis ins 19. Jh. hinein wurde der Wünschelrute selber eine „Zauberkraft“ zugeschrieben.
Sie mußte deshalb von dafür als qualifiziert angesehenen Personen zu bestimmen
Zeiten an geeigneten Orten ggf. mit Gebeten geschnitten und sorgfältig behandelt
werden. Nach der Entdeckung der elektromagnetischen Wellen von Hertz
1887/88 und der Röntgenstrahlen von Röntgen 1895 kam eine weitere Erklärung zur
Wirkungsweise hinzu. Der Rutengänger sei ein für Erd- und andere Strahlen, die von
Wasser, Erzen usw. ausgehen sollen, besonders empfindlicher Mensch, der Orte mit
markanter Strahlung wahrnehmen könne. Daher stammt auch der Ausdruck Radiästhesie
– Strahlenfühligkeit (von lat. radius Strahl und griech. aisthesis Wahrnehmung).
Der Rute wird nun keine bedeutende eigene Kraft mehr zugeschrieben und muß
deshalb auch nicht mehr unter Beachtung besonderer Vorschriften angefertigt werden,
sie ist eher ein „Anzeigeinstrument“. Angeblich besonders begabte Menschen,
sog. „Sensitive“ könnten die Stellen, an denen solche Strahlen wirksam seien und
Reizzonen bilden, wahrnehmen und durch die Rute anzeigen. Diese Strahlen und
Reizzonen hätten auch eine Wirkung auf die Menschen und führten zu Krankheiten
und Schlafstörungen. Man kann einen Rutengänger kommen lassen, um z.B. im
Schlafzimmer zu „muten“ und ggf. das Bett umstellen, um der schlafstörenden Wirkung
der Strahlen und Reizzonen zu entgehen. Es werden auch Kurse angeboten,
bei denen man das Rutengehen selber lernen könne. Schließlich werden auch „Entstörungsgeräte“
auf dem Markt angeboten, die die negativen Strahlen etc. abwenden
sollen. Allerdings fand man bei einer Öffnung der Geräte nur Styropor mit Kupferdrähten
oder bisweilen kiloweise sehr teuer erworbene Nägel.
Die neuere Radiästhesie hat unter Verwendung medizinischen und physikalischen
Wissens große Theoriegebäude aufgerichtet, mit denen sie ihre Lehren in Anlehnung
und Erweiterung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse wissenschaftlich beweisen
will.6 Bisweilen werden als „Verwandte“ der Wünschelrute der Stab angeführt, mit
dem Moses beim Zug durch die Wüste einen Felsen schlug und Wasser heraussprang
(2. Mos. 17,6; vgl. 2. Mos. 7, 10ff) und der Stab des griechischen Gottes Hermes,
mit dessen Hilfe Hermes das Kraut fand, um Odysseus ein Gegengift gegen die
Gifte von Kirke zu geben (Odyssee, 10, 274ff). Mit diesen Verweisen soll wahrscheinlich
gemacht werden, daß die Wünschelrute zum uralten Bestand der „gesamten
archaischen Menschheit“ gehört habe.